Nach langer und intensiver Vorbereitung durch die Mitglieder des Gerstunger Fußballkulturvereins war es am 1. Februar endlich soweit. Eine kleine Delegation hieß unseren Gast Ullrich Borowka, ehemals berüchtigt als härtester Abwehrspieler der Liga, als sympathischen und freundlichen Herrn vor dem Philipp-Melanchthon-Gymnasium in Gerstungen willkommen. Nach einer herzlichen Begrüßung begab man sich in das Atrium der Schule in dem sich bereits die ersten Schüler für die angekündigte Veranstaltung zum Thema Suchtprävention versammelten. Zunächst eröffnete der Schulleiter, Herr Taubert, die Veranstaltung und bedankte sich bei Uli Borowka für sein Kommen, sowie beim GFK für die Organisation und die Übernahme der Gage für den Vortrag. Als Uli schließlich begann, lauschten 141 Schüler aus drei 9. und drei 10. Klassen und die dazugehörigen Fachlehrer seinen Worten. Mit seiner unkomplizierten und authentischen Art konnte er seine jugendlichen Zuhörer schnell in den Bann ziehen. In eindringlichen Worten und mit ungeschönten Einblicken in seine Lebenserfahrungen mit der Alkohol-, Medikamenten- und Spielsucht schilderte der ehemalige Profifußballer die zerstörerischen Auswirkungen der Sucht für die eigene Person und für Verwandte und Bekannte. Er gab damit ein warnendes Beispiel für die Jugendlichen, nicht die gleichen Fehler zu begehen und sich die Gefahren der Sucht immer wieder bewusst zu machen. Dass das Gesagte auch auf Interesse bei den Schülern stieß, zeigte sich auch in zahlreichen Fragen, die gestellt wurden: Ist er von sich aus in die Entzugsklinik gegangen? Hat er noch Kontakt zu seiner Exfrau und seinen Kindern? Waren auch andere Spieler in seiner Zeit abhängig? Ist er mehr Gladbach- oder Bremen-Fan? Hat er noch Kontakt zu alten Spielern? Hat er Angst, dass er rückfällig wird? Auch nach dem Vortrag suchten einige Schüler das persönliche Gespräch mit unserem Gast. Dies und die Rückmeldungen von Schülern und Lehrern zeugten von der positiven Resonanz, die Uli schon zu diesem Zeitpunkt in Gerstungen gefunden hatte.
Am Abend ging „die Axt“, wie Uli Borowka in seiner aktiven Zeit genannt wurde, dann in die zweite Runde. Im „Neuen Rautenkranz“ in Gerstungen gab er vor etwa 180 Gästen einen tiefen und sehr privaten Einblick in sein Leben als Fußballprofi und Alkoholiker. Dabei war es den Anwesenden zu jeder Zeit möglich Fragen zu stellen, die Uli auch prompt und ausführlich beantwortete. Basierend auf seinem Buch „Volle Pulle“ schilderte er die Höhen und Tiefen seiner erfolgreichen Laufbahn in der Bundesliga, die ein so jähes und erschütterndes Ende nahm, sowie auch die privaten Schicksalsschläge, die bei allen Beteiligten tiefe, emotionale Spuren hinterließen. In beiden Fällen ließ Uli jedoch keinen Zweifel daran, dass er sich durch seinen Lebenswandel und seinen Umgang mit dem Alkohol als Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung sieht. Er sparte allerdings auch nicht mit Kritik an Entscheidungsträgern und Funktionären, die damals wie heute allzu lange „wegschauen“ so lange die Leistung stimmt und die Sportler mit ihren Ängsten und dem Leistungsdruck alleine lassen. Ebenso prangerte er den Umgang unserer Gesellschaft mit Alkohol, der Sucht und den Betroffenen an. Warum muss man sich beispielsweise bei Betriebsfeiern rechtfertigen, wenn man keinen Alkohol trinken möchte und warum werden auf der anderen Seite unsere Kinder ganz selbstverständlich zu Familienfeiern mit Alkohol in Kontakt gebracht? Alkohol ist die Volksdroge schlechthin und gerade in ihrer „gesellschaftlichen Akzeptanz“ liegt ihre große Gefahr. Diese Botschaft war Uli wichtig und sie zog sich wie ein roter Faden durch den ganzen Abend. Aber bei allen Schicksalsschlägen, allen „ungeschönten“ Wahrheiten und aller Kritik blieb Uli den Gästen doch eines auch nicht schuldig. Mit viel Witz und einer gesunden Portion Selbstironie verstand er es, uns Hoffnung zu machen. Selbst aus dem größten Schlamassel gibt es immer einen Ausweg. Zwei Dinge sind dafür wichtig. Gib dich niemals selber auf und lass es zu, dass man dir hilft!